Vitamin-D-Status variiert stark nach Ethnizität: Neue Studie zeigt Zusammenspiel von UV-Strahlung und Supplementen

Eine aktuelle Studie der Trinity College Dublin liefert neue Erkenntnisse darüber, wie Ethnizität, UV-Strahlung und Nahrungsergänzungsmittel den Vitamin-D-Spiegel beeinflussen. Die Ergebnisse könnten die Art und Weise verändern, wie wir an Vitamin-D-Supplementierungsempfehlungen herangehen.

Vitamin-D-Mangel ist weltweit verbreitet – trotz umfassender Forschung und klarer Supplementierungsrichtlinien. Besonders betroffen sind Menschen mit dunklerer Hautfarbe, selbst in Regionen mit guter Sonneneinstrahlung. Eine neue Studie des Trinity College Dublin unter der Leitung von Dr. Lina Zgaga und Dr. Rasha Shraim hat nun detailliert untersucht, wie UV-B-Strahlung, Nahrungsergänzungsmittel und demografische Faktoren den Vitamin-D-Status bei verschiedenen ethnischen Gruppen beeinflussen.

Erhebliche ethnische Unterschiede im Vitamin-D-Status

Die Forscher analysierten Daten von fast 440.000 Teilnehmern der UK Biobank-Studie und stellten erhebliche Unterschiede im Vitamin-D-Status zwischen ethnischen Gruppen fest. Der mittlere 25(OH)D-Spiegel – der Standardmarker für Vitamin D im Körper – lag bei asiatischen Teilnehmern bei nur 25,4 nmol/L, bei schwarzen Teilnehmern bei 30,6 nmol/L und bei weißen Teilnehmern bei 47,9 nmol/L.

„Vitamin-D-Mangel war weit verbreitet, besonders unter nicht-weißen Personen,“ berichten die Autoren in ihrer in der Fachzeitschrift Clinical Nutrition veröffentlichten Studie. Alarmierend ist, dass nahezu 50% der asiatischen und 35% der schwarzen Studienteilnehmer unter Vitamin-D-Mangel (< 25 nmol/L) litten, verglichen mit nur 12% der weißen Teilnehmer.

UV-B-Strahlung und Supplemente wirken unterschiedlich

Ein besonders interessanter Aspekt der Studie ist die Erkenntnis, dass verschiedene Faktoren den Vitamin-D-Status je nach ethnischer Zugehörigkeit unterschiedlich beeinflussen. Während bei weißen Teilnehmern die UV-B-Strahlung der wichtigste Einflussfaktor war, spielten bei asiatischen und schwarzen Teilnehmern Nahrungsergänzungsmittel die größte Rolle.

Die Forscher verwendeten einen innovativen Ansatz zur genauen Messung der UV-B-Belastung. Sie berechneten eine kumulierte und gewichtete UV-B-Dosis (CW-D-UVB) basierend auf dem Wohnort jedes Teilnehmers über einen Zeitraum von 135 Tagen vor der Blutentnahme. Diese präzise Methode ergab, dass bei weißen Teilnehmern die UV-B-Strahlung etwa 14% der Varianz des Vitamin-D-Spiegels erklärte, verglichen mit nur 1,8% bei asiatischen und 4,4% bei schwarzen Teilnehmern.

„Bei weißen Personen war CW-D-UVB der wichtigste Prädiktor für 25(OH)D. Bei asiatischen und schwarzen Personen war hingegen die Supplementierung der wichtigste Prädiktor,“ erklären die Forscher. Dies unterstreicht, wie unterschiedlich der Körper in verschiedenen ethnischen Gruppen auf natürliche Vitamin-D-Quellen reagiert.

Komplexe Wechselwirkungen entdeckt

Die Studie identifizierte auch mehrere signifikante Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Faktoren, die den Vitamin-D-Status beeinflussen:

  • BMI und Supplementierung: In allen ethnischen Gruppen war der Effekt der Supplementierung bei Personen mit höherem BMI geringer.
  • UV-B und Geschlecht: Bei Männern war der Einfluss der UV-B-Strahlung auf den Vitamin-D-Spiegel stärker als bei Frauen.
  • UV-B und Alter: Mit zunehmendem Alter nahm die Wirksamkeit der UV-B-Strahlung für die Vitamin-D-Produktion ab.
  • UV-B und Supplementierung: Bei weißen Teilnehmern, die keine Supplemente einnahmen, war der Effekt der UV-B-Strahlung stärker.

„Der Effekt von UV-B auf 25(OH)D wurde durch andere Faktoren modifiziert,“ betonen die Autoren. Dies erklärt, warum bisherige Studien möglicherweise widersprüchliche Ergebnisse lieferten: Die komplexen Wechselwirkungen wurden nicht berücksichtigt.

Implikationen für personalisierte Vitamin-D-Empfehlungen

Die Ergebnisse dieser Studie haben weitreichende Implikationen für Vitamin-D-Supplementierungsstrategien. Der übliche „Einheitsgröße-für-alle“-Ansatz erscheint angesichts der komplexen Wechselwirkungen und ethnischen Unterschiede unangemessen.

„Um die erheblichen ethnischen Unterschiede anzugehen, müssen die empfohlenen Tagesdosen für nicht-weiße Gruppen wahrscheinlich höher sein,“ schlussfolgern die Forscher. Insbesondere für Menschen mit dunkler Haut scheint die natürliche Vitamin-D-Produktion durch Sonnenlicht selbst in sonnenreichen Regionen nicht ausreichend zu sein, um optimale Spiegel zu erreichen.

Die Studie legt nahe, dass auch andere Faktoren wie Alter und BMI bei der Dosierung von Vitamin-D-Supplementen berücksichtigt werden sollten. Beispielsweise könnten ältere Menschen und Personen mit höherem BMI von höheren Dosen profitieren, da sowohl die UV-B-vermittelte Produktion als auch die Wirksamkeit von Supplementen bei ihnen reduziert ist.

Fazit: Hin zu maßgeschneiderten Vitamin-D-Strategien

Diese Forschung markiert einen wichtigen Schritt in Richtung personalisierter Ansätze zur Vitamin-D-Optimierung. Die Erkenntnis, dass UV-B-Strahlung, Supplemente und demografische Faktoren in komplexer Weise interagieren und sich je nach ethnischer Zugehörigkeit unterschiedlich auswirken, könnte die Entwicklung effektiverer Strategien zur Bekämpfung des weltweiten Vitamin-D-Mangels vorantreiben.

„Die Ergebnisse legen nahe, dass genau gemessene Umgebungs-UV-B-Strahlung und Interaktionen die 25(OH)D-Vorhersagemodelle verbessern und personalisierte Ansätze zur Vitamin-D-Optimierung unterstützen könnten,“ fassen die Autoren zusammen.

In einer Zeit, in der die personalisierte Medizin immer mehr an Bedeutung gewinnt, bietet diese Studie einen wertvollen Rahmen für die Entwicklung maßgeschneiderter Vitamin-D-Empfehlungen, die die individuellen Unterschiede in der Vitamin-D-Verstoffwechselung berücksichtigen.


Kurzfassung der Studie

Methodik:

  • Querschnittsstudie mit 438.978 Teilnehmern aus der UK Biobank
  • Ethnische Gruppierung in asiatische, schwarze und weiße Teilnehmer
  • UV-B-Daten aus dem Tropospheric Emission Monitoring Internet Service
  • Berechnung der kumulierten und gewichteten UV-B-Dosis (CW-D-UVB)
  • Multivariable lineare Regressionsmodelle mit und ohne Interaktionsterme

Hauptergebnisse:

  • Signifikante ethnische Unterschiede im Vitamin-D-Status (Asiatisch: 25,4 nmol/L, Schwarz: 30,6 nmol/L, Weiß: 47,9 nmol/L)
  • UV-B-Strahlung war der stärkste Prädiktor bei weißen Teilnehmern (β=0,35)
  • Supplementierung war der stärkste Prädiktor bei asiatischen und schwarzen Teilnehmern (βAsiatisch=0,30, βSchwarz=0,24)
  • Signifikante Interaktionen zwischen BMI, CW-D-UVB, CW-D-UVBund weiteren Faktoren

Limitationen:

  • Querschnittsdesign erlaubt keine kausalen Schlussfolgerungen
  • Fehlende Informationen zur Dosierung der Vitamin-D-Supplemente
  • UK Biobank nicht vollständig repräsentativ für die Gesamtbevölkerung
  • Begrenzte Informationen über das Sonnenexpositionsverhalten

Schlussfolgerungen:

  • Einheitliche Vitamin-D-Supplementierungsrichtlinien sind möglicherweise unzureichend
  • Ethnizität, Alter, BMI und andere Faktoren sollten bei Supplementierungsempfehlungen berücksichtigt werden
  • Genauer gemessene UV-B-Strahlung und Berücksichtigung von Wechselwirkungen können Vorhersagemodelle für den Vitamin-D-Status verbessern
  • Personalisierte Ansätze sind notwendig, um Vitamin-D-Mangel in verschiedenen Bevölkerungsgruppen wirksam zu bekämpfen

Quelle: “Ambient ultraviolet-B radiation, supplements and other factors interact to impact vitamin D status differently depending on ethnicity: A cross-sectional study” by Margaret M. Brennan, Jos van Geffen, Michiel van Weele, Lina Zgaga and Rasha Shraim, 12 April 2024, Clinical Nutrition.
DOI: 10.1016/j.clnu.2024.04.006

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